Was nicht im Schachlexikon steht

 Die Gattin eines ausländischen Diplomaten klagte Bismarck ihr Leid, wie viele verschiedene Ausdrücke die deutsche Sprache doch für die gleichen Sachverhalte habe; zum Beispiel “senden” & “schicken” oder “sicher” & “gewiss”.  “Oh nein”, entgegnete Bismarck, “das sind keine gleichen Sachverhalte. Sehen Sie, Ihr Gemahl ist zweifellos ein Gesandter, aber er ist kein geschickter. Und falls jetzt Feuer hier ausbräche, würde ich Sie an einen sicheren Ort führen, keineswegs aber an einen gewissen.”

 

Unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten gibt es auch in der Schach - Sprache. Hier einige Beispiele, die ich bei einem Ellwangener Seniorenturnier aufgeschnappt habe:

 

Bedenkzeit: Zeitraum, in dem der Spieler seine Bedenken anmelden kann, wenn er gegen einen ihm per Los zugeteilten Spieler nicht spielen möchte.

 

Damenzug: Ein von der Frauenbewegung angestrebtes Ziel, dass die Bahn analog den Frauenparkplätzen Züge bereitstellt, die ausschließlich Frauen vorbehalten sind, und das möglichst im Linienverkehr.

 

Elo - Zahl: Koeffizient für die Elo-quenz eines Schachspielers, mit der er im Rahmen der psychologischen Kriegsführung seinen Gegner dumm & dämlich redet.

 

Durchbruch: Seltene Beschädigung des Brettes durch zu heftiges Aufsetzen einer Schwerfigur. Nebenwirkung eines solchen Durchbruchs: der König hat nun auch ohne Lockerung der Bauernkette ein Luftloch.

 

FIDE: a) Vorname des ehemaligen kubanischen Präsidenten  L. Castro.

b) Glaubensgemeinschaft zur weltweiten Wahrung der Monarchie auf dem Brett ( lateinisch: Ablativ von “Glauben”).

 

Figurenopfer: Spieler, die ihre gesamte Freizeit am Brett verbringen und die gedankliche Schwerstarbeit durch großzügige Zufuhr von Speis und Trank unterstützen, opfern ihre Figur dem königlichen Spiel.

 

Gewinnstellung: Fruchtbarer Boden zur Erlangung einer Verluststellung. Inhaber einer Gewinnstellung sollten sich stets vor Augen halten: “Wenn du denkst, du hast’n, springt er aus dem Kast’n”.

 

Schachspielen: Eine jahrtausendalte Kunst, Denken mit Sport zu verbinden, während man ein Brett vor dem Kopf hat: man gerät dabei leicht ins Schwimmen. Mancher merkt aber erst, dass er baden gegangen ist, wenn ihm das Wasser bereits bis zum Hals steht.

 

Stellungsbewertung: Wie bei jeder Art von Interpretationen gibt es keine objektiven Kriterien zur Bewertung von Stellungen. Während das arme Landkind entzückt wäre über eine Stellung als Dienstmädchen in der Stadt, wäre die höhere Tochter über eine solche entsetzt.

 

H. Giering